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Die Atheisierung der Kultur im kommunistischen Polen und ihre Konsequenzen für die Gegenwart

Biel, Robert J. (2013) Die Atheisierung der Kultur im kommunistischen Polen und ihre Konsequenzen für die Gegenwart. EUROPEAN JOURNAL OF MENTAL HEALTH, 8 (2). pp. 212-231. ISSN 1788-4934 (print); 1788-7119 (online)

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Abstract

Mit der Aufklärung hat in Europa die Religionskritik im modernen Sinn eingesetzt. Viele der damals entwickelten atheistischen Gedanken haben ihre Wirkung bis in die Gegenwart behalten und beein- flussen bis heute das Leben und die Kultur vieler Generationen. Dieser Prozess führte in den kommu- nistischen Ländern zur Atheisierung der Kultur, was sich in der VR Polen deutlich zeigte. Die Kirche in Polen übernahm bereits vor Jahrhunderten die Rolle eines Mäzens der Kultur, was besonders in den Perioden der politischen Abhängigkeit, also bei Teilungen oder Besetzungen, von Bedeutung war. Die Machtübernahme durch die Kommunisten führte zur Bevormundung der Kultur und ihre Unter- ordnung unter die strukturellen und politischen Prinzipien der kommunistischen Partei. Forthin galt es als höchste Berufung der Kultur, im Dienste des Kommunismus zu stehen. Die von den kommu- nistischen Behörden geplante Marginalisierung der christlichen Kultur führte nach und nach zur Ent- stehung eines Gettos der christlichen Kultur und Kunst. Besonders seit der Verhängung des Kriegs- rechts in Polen (1981) führten diese für die christliche Kultur geschaffenen Getto-Verhältnisse zur sog. inneren Emigration der Künstler und zum Boykott des polnischen Rundfunks und Fernsehens. Als Konsequenz hieraus entstand ein inoffizielles Kultursystem, das die diesbezüglichen Bedürfnisse des größten Teils der Bevölkerung stillte. Das inoffizielle Kultursystem bildeten jene Kulturschaffen- den, die im Bereich des Kulturlebens nicht der Staatsmacht unterstanden, oder ihr zwar unterstanden, aber so viel Autorität und Freiheit genossen, dass sie Werte, Normen und Verhaltensweisen überlie- fern konnten, die nicht mit dem geltenden sozialistischen Kultursystem übereinstimmten. In Kirchen und Gemeinderäumen wurden Theatervorstellungen und Vorlesungen durchgeführt. Das inoffizielle Kultursystem trug wesentlich zur gesellschaftlichen Integration bei und half die nationale Identität zu bewahren. Die neue gesellschaftliche Lage nach der Wende zwang die Kirche in Polen zu neuen Positionsbestimmungen auf dem freien Markt der ethischen, kulturellen und religiösen Werte und zur Überwindung der Spaltung, die zwischen dem Evangelium und der modernen Kultur erfolgt war. Aufgrund der tiefen Verbundenheit zwischen Kirche und Kultur und des Bewusstseins des geistigen und kulturellen Erbes der vergangenen Jahrhunderte können und wollen die Christen in Polen nicht auf das verzichten, was einen unveräußerlichen Teil der nationalen und religiösen Identität darstellt. Die Christen, die das Antlitz der geistigen Kultur über Jahrhunderte geprägt haben, wollen auch heute an der neuen europäischen Wirklichkeit gleichberechtigt mit anderen Europäern mitwirken.

Item Type: Article
Uncontrolled Keywords: Staat und Kirche, Polen, Kommunismus, Staatssozialismus, Diktatur, Geschichte, Rückblick, atheistische Ideologie, Kirche, Wendezeit, Kultur
Subjects: D History General and Old World / történelem > D0 History (General) / történelem általában
Depositing User: Beáta Bavalicsné Kerekes
Date Deposited: 03 Oct 2023 07:27
Last Modified: 03 Oct 2023 07:27
URI: http://real.mtak.hu/id/eprint/175854

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